Zwischen der Schweiz und Italien erhebt sich eine grandiose Mauer: die Giganten des Bergells. Vor mir thronen zwei Herren nach dem Sturm – der Pizzo Cengalo links, Pizzo Badile rechts. Zwei Charaktere, zwei Linien, zwei Ausdrücke derselben mineralischen Noblesse.

An diesem Tag hatte sich der Wind gelegt, und das Licht nach dem Sturm war scharf geworden. Die Atmosphäre war klar, fast unwirklich. Die beiden Gipfel wirkten wie aus Kristall gemeißelt. Unser Blick richtete sich auf die Nordwand des Pizzo Badile. Sie beeindruckt nicht nur: Sie packt, sie erhebt, sie dominiert.

Die geometrische Reinheit dieses Berges hat mich schon immer fasziniert. Der Pizzo Badile mit seinem schnurgeraden Grat und der steilen Wand scheint den Gesetzen des Gleichgewichts zu trotzen. Daneben steht der Pizzo Cengalo spielt eine andere Rolle: massiver, gequälter, entfaltet es eine rohere Energie. Es ist der Kontrast zwischen diesen beiden Architekturen, der dieses Panorama so kraftvoll macht. Der frische Schnee mildert die Reliefs, ohne ihre Härte zu verraten. Er unterstreicht die Linien, akzentuiert die Volumen und enthüllt die tiefen Schatten. In diesem eisigen Gegenüber wird alles lesbar. Die Vertikalität, die Dynamik, die Erhabenheit. Ich trete zurück, ein einfacher Zeuge dieses Naturwerks, und rahme langsam ein, um die Harmonie nicht zu stören.

Dieses Foto ist eine Hommage an die Berge, die faszinieren, ohne sich zu verraten. An jene, deren Schönheit aus der ständigen Spannung zwischen Gleichgewicht und Abgrund entsteht. Das oft vergessene Bergell birgt solche Schätze: streng, stolz, ungezähmt. Ich lade Sie ein, sich in dieser Umgebung zu verlieren. Folgen Sie den Linien, tauchen Sie in die Schatten ein, klettern Sie, wenn auch nur in Gedanken, zur senkrechten Nordwand.