Ich habe unzählige Stunden damit verbracht, die Grandes Jorasses zu betrachten. Ich habe unzählige Tage damit verbracht, zu versuchen, das Geheimnis dieses majestätischen Berges zu lüften. Diese imposante Formation, die die Landschaft des Mont-Blanc-Massivs beherrscht, hat mich schon immer mit ihrem gewaltigen Charakter und dieser in ihrer Vertikalität fast einschüchternden Nordseite überwältigt. Mit einer Höhe von über 4000 Metern stellt diese außergewöhnliche Wand eine legendäre Herausforderung für Bergsteiger dar und bildet zusammen mit dem Matterhorn und dem Eiger eine heilige Triade in der Welt des Hochgebirges.

Ein solches Foto einzufangen, erfordert Geduld und Glück. Die Elemente müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein: Licht, Wetter, Jahreszeit, Tageszeit... Im Laufe der Jahre habe ich eine einfache Philosophie entwickelt: die stille Hartnäckigkeit. Ich komme unermüdlich zurück, beobachte und warte auf den richtigen Moment. Wiederholte Fehlschläge sind Teil des Prozesses. Für dieses Foto gab es viele Versuche, bis sich endlich die idealen Bedingungen einstellten. An diesem Morgen, nach einer Nacht voller Sturmböen, enthüllte sich die Nordwand im Morgenlicht.

In diesem Werk wollte ich die Vertikalität der Nordwand der Grandes Jorasses hervorheben, die Alpinisten aus der ganzen Welt anzieht. Der Blick wird zunächst von den Periaden im Vordergrund empfangen, die eine atemberaubende Perspektive bieten und das Auge zum Hauptmotiv führen. Dann taucht diese Nordwand auf, meisterhaft, fast beängstigend in ihrer Maßlosigkeit. Die Schneedecke, die den Berg an diesem Tag bedeckt, verändert die Wahrnehmung seiner Struktur völlig. Ich beobachte eine faszinierende Metamorphose, bei der das normalerweise karge Gestein unter den ersten Strahlen einen fast metallischen Glanz annimmt. Dieses Streiflicht erzeugt ein außergewöhnliches visuelles Phänomen, einen flüchtigen Glanz, der nur wenige Minuten lang zu sehen ist.

Meine Entscheidung für Schwarz-Weiß ist angesichts eines solchen Themas nicht unbedeutend. Diese Technik befreit das Bild von der Ablenkung durch die Farben, um das Wesentliche hervorzuheben: die grundlegende Struktur, die beeindruckende Geometrie, die Urkraft des Gesteins. Die Intensität der tiefen Schatten stellt einen starken visuellen Dialog mit der blendenden Helligkeit der Schneeflächen her. Mit diesem vertikalen Porträt der Grandes Jorasses wollte ich eine Realität bezeugen, die über unseren Alltag hinausgeht, die Realität der Höhen, in denen die menschlichen Bezugspunkte verschwinden. Die Grandes Jorasses sind für mich die Verkörperung der alpinen Schönheit in ihrer reinsten und authentischsten Dimension.