Es gibt Gipfel, die sich im Trubel des Winters in Kunstwerke verwandeln. La Singla bot sich mir an diesem Tag in einer fast unwirklichen Form dar. Frisch mit Schnee verputzt, zeigte sie ein neues Gesicht - nicht mehr das des scheuen Berges der Penninischen Alpen, sondern das einer natürlichen Skulptur, die von Wind und Licht geformt wurde.

Von meinem Aussichtspunkt aus sah ich nicht einen Gipfel, sondern eine Abfolge von Linien. Scharfe, parallele Zacken, die wie die Saiten einer Geige gespannt waren. Der Kontrast zwischen den tiefen Schatten der Vertiefungen und dem makellosen Glanz der Buckel verlieh dem Ganzen eine fast abstrakte Dimension. In solchen Momenten hört der Berg auf, ein Ort zu sein, und wird zu einer Sprache. Die Singla sprach dann zu mir in Rhythmen und Texturen. Sie war reine Form, Energie, die im Augenblick eingefroren war. Neuschnee hat die einzigartige Fähigkeit, verborgene Strukturen aufzudecken, das Licht zu verstärken und Volumen neu zu zeichnen. An diesem Tag rasierte die Sonne die Hänge punktgenau und betonte jede Linie wie eine alpine Kalligraphie. Es gab keine Künstlichkeit, keine Übertreibung: nur die Richtigkeit der Natur.

In diesem Werk wollte ich der reinen Grafik Raum geben. Es ist eine Fotografie, die nicht versucht, von einem Gipfel zu erzählen, sondern eine Essenz zu enthüllen. Die der Singla in ihrer vollkommensten Abstraktion.