Ich habe eine Künstlerin kennengelernt, die die Natur durch ihre farbenprächtigen Gemälde sublimiert. Corinne Weidmann, die sich leidenschaftlich für Interkulturalität, Astrophysik und den Kosmos interessiert, hat einen einzigartigen Weg von der Schweiz über Costa Rica bis nach London zurückgelegt. Diese Aufenthalte in allen Ecken der Welt haben ihre künstlerische Vision tiefgreifend genährt. In ihren Werken teilt sie ihre eigene Verbindung zu den Alpenlandschaften und der Natur, die sie umgibt. Heute öffnet sie uns die Türen zu ihrer Welt: ein kreativer Weg voller Einflüsse und Emotionen. Begegnung mit Corinne Weidmann und ihrer Welt der tausend Farben.
Corinne Weidmann: Ein von Natur und Kultur geformter Werdegang
Guten Tag, Corinne. Könnten Sie uns zu Beginn etwas über Ihren Werdegang erzählen? Wie sind Sie Malerin geworden?
Mein künstlerischer Werdegang begann schon sehr früh. Ich wollte schon im Kindergarten eine Künstlerin sein, und Kreativität war schon immer ein Teil dessen, wer ich bin - zeichnen, malen, Collagen machen. Das war immer das, was mir am meisten Spaß gemacht hat.
Ich habe eine klassische Schulbildung absolviert und bin dann in die Vorbereitungsklasse der Kunstschule in Basel eingetreten. Anschließend studierte ich Grafikdesign in Luzern, wo ich auch meinen Abschluss machte. Danach bin ich zunächst nach Costa Rica gegangen, wo ich in einem Surfcamp gearbeitet habe. Dort begann ich, kleine Kunstwerke auf Treibholz zu malen - das war der Anfang meiner Karriere, und nach dieser Erfahrung habe ich mich selbstständig gemacht.

Ihr Werdegang ist reich und vielfältig und hat Sie durch die Schweiz, Costa Rica, Berlin und London geführt. Wie haben diese Kulturen Ihren künstlerischen Ansatz beeinflusst?
Das Leben in diesen Ländern hatte einen großen Einfluss auf mein künstlerisches Streben. Als ich in Costa Rica lebte, war das Leben einfach und tief mit der Natur verbunden. Wir befanden uns in einer abgelegenen Region auf einer Halbinsel entlang der Pazifikküste, umgeben vom Dschungel und dem Ozean. Dieses Eintauchen in die Natur hat mich tief beeindruckt, nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen der Art und Weise, wie ich begann, mich mit dem Leben an sich auseinanderzusetzen. Der Alltag, der Rhythmus eines einfachen Lebens, die Interaktion mit der Umwelt - all das ist von großem Reichtum.
Nach Costa Rica verbrachte ich sechs Monate an der Nordwestküste Kanadas und zog dann direkt nach London - ein totaler Kontrast. Als riesige europäische Metropole war London pulsierend und kreativ anregend, aber weitgehend von der Natur abgekoppelt. Diese Abfolge von Umgebungen verschaffte mir eine breite Perspektive darauf, wie unterschiedliche Umgebungen Menschen und ihre Lebensweise beeinflussen. Diese Erfahrungen haben sowohl meine Malerei als auch meine Art, die Welt zu sehen, beeinflusst.
Corinne Weidmann: Eine innige Beziehung zu den Alpen
Sie malen gerne alpine Landschaften. Könnten Sie Ihre persönliche Beziehung zu den Bergen beschreiben?
Ich komme aus der Schweiz, einem Land, in dem etwa 70 % der Landesfläche bergig sind. Die Alpen sind nicht nur ein geografisches Merkmal der Schweiz, sondern auch tief in der nationalen Kultur verwurzelt. Die Identität unseres Landes ist von den Bergen durchdrungen, sei es in der Mythologie, in der Werbung oder in anderen Elementen.

Interessant ist, dass ich erst mit dem Malen von Bergen begonnen habe, nachdem ich im Ausland gelebt hatte. Vielleicht war das eine Form von Heimweh, eine Art, mich wieder mit meiner Heimat zu verbinden. Viele Jahre lang habe ich auch in der Snowboard-Szene gearbeitet - gut 15 Jahre lang -, was meine Beziehung zu alpinen Landschaften noch weiter vertieft hat. Im Laufe der Zeit haben sich meine Interessen verändert. Ich habe mich mehr für die wissenschaftlichen und ökologischen Dimensionen der Berge interessiert - ich betrachte sie nicht nur als Spielplatz, sondern erkenne auch ihre Verletzlichkeit. Die Auswirkungen des Klimawandels, die Anfälligkeit von Gletschern, die Entwicklung von Ökosystemen - all das begann, meine Arbeit bewusster zu beeinflussen. Seit etwa zehn Jahren male ich fast ausschließlich Berge und Gletscher. In jüngster Zeit hat sich meine künstlerische Vision weiterentwickelt. Heute orientiere ich mich an vielfältigeren Landschaften. Ich möchte die Verbindung zwischen den verschiedenen Umgebungen erforschen und die Natur nicht als einzelne Elemente, sondern als Ganzes sehen.
Haben Sie eine besondere Anziehungskraft auf einen bestimmten Gipfel?
Ich habe keinen bestimmten Berg, den ich mehr als andere male. Aber ich fühle mich sehr mit dem BernerOberland verbunden . Ein Teil meiner Familie stammt aus dieser Region und ich habe dort viel Zeit verbracht. Ich habe sogar dort gelebt. Im Herzen dieser Berge fühle ich mich am meisten verbunden.
Corinne Weidmann: Die Farbe im Zentrum ihrer Kunst
Ihr Stil wird als "blumig, wild und lebendig" beschrieben. Können Sie mir mehr über diese Stilwahl erzählen und was sie für Sie bedeutet?
Meine Arbeiten sind im Allgemeinen sehr farbenfroh. Vor kurzem habe ich jedoch damit begonnen, die Farbe aus einigen Landschaften zu entfernen, um abstraktere Kompositionen zu erforschen. Farbe war schon immer eine persönliche Vorliebe. Ich fühle mich von kräftigen Farbtönen und komplexen Mustern angezogen. In gewisser Weise denke ich, dass ich unbewusst versucht habe, das Spiel von Licht und Schatten in den Bergen durch diese vibrierenden Paletten widerzuspiegeln.

Für mich drückt die Farbe den Charakter eines Ortes aus. Ich sehe Landschaften nicht als neutral oder einfarbig an; jede Landschaft scheint ihre eigene Persönlichkeit zu besitzen. Durch Farbe versuche ich, ihren einzigartigen Charakter zu enthüllen. Dies ist ein zutiefst intuitiver Prozess, da ich keinen festen Plan verfolge. Manchmal erscheint mir ein Ort einfach nur rot oder orange und ich kann mir nicht vorstellen, ihn in einem anderen Farbton zu malen. Die Wahl der Farbe ergibt sich dann ganz natürlich, als ob die Landschaft selbst mich leiten würde.
Gibt es ein Kunstwerk, das Sie geschaffen haben und das für Sie eine besondere Bedeutung hat?
Ich würde mich wahrscheinlich für "Ischmer" entscheiden. Dieses Werk stellt einen Gletscher dar, mit besonderem Schwerpunkt auf seinen Spalten. Was mich an diesem Bild faszinierte, war das Gefühl der Vergänglichkeit, das es ausstrahlt. Während ich mich während des Schaffensprozesses in die kleinsten Details vertiefte, war mir auch bewusst, dass sich die Landschaft selbst bis zur Fertigstellung des Gemäldes bereits verändert haben würde. Gletscher sind ständig in Bewegung - sie bewegen sich vorwärts, schmelzen und verändern sich. Dieser Gedanke ließ mich nicht mehr los: der Gedanke, dass man versucht, einen bestimmten Moment einzufangen, dass dieser Moment in seiner genauen Form aber bereits nicht mehr existiert. Es bleibt eine Spur, eine Silhouette, aber niemals völlig identisch mit dem, was er war.
Corinne Weidmann: Gemeinsam über Grenzen hinweg gestalten
Sie arbeiten oft mit Künstlern mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund sowie mit Wissenschaftlern zusammen. Was nehmen Sie aus diesen Erfahrungen mit?
Was ich an diesen Kooperationen faszinierend finde, ist, dass sie Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammenbringen - nicht nur einheimische Künstler, sondern auch Menschen mit radikal unterschiedlichen Weltanschauungen und kulturellen Perspektiven. Sich zusammenzufinden, um etwas zu schaffen, ist an sich schon eine Bereicherung, aber über den künstlerischen Akt hinaus ist es der Dialog, der wirklich zählt. Durch diesen Austausch lernen wir, mit den Augen des anderen zu sehen, und nach und nach entdecken wir eine gemeinsame Basis - einen Treffpunkt, der zur Grundlage für gemeinsames Schaffen wird.
Ich habe zum Beispiel mit meinem Freund James Johnson zusammengearbeitet, der aus Alaska stammt und Mitglied der Tlingit-Nation ist. Ich hatte eine Landschaft der Berninakette gemalt - eine abgelegene, aber unter Bergsteigern bekannte Region. Auf diesem Gemälde, das eine Schweizer Landschaft darstellte, brachte James Symbole und visuelle Muster der Tlingit an. Es war fast so, als würde seine Kultur auf meine treffen - eine poetische Begegnung zwischen zwei Kontinenten.

Im Laufe dieses Prozesses haben wir uns tiefgehend über Kosmologie, kulturelles Erbe und unsere jeweiligen Weltanschauungen ausgetauscht. Für mich geht diese Art der Zusammenarbeit weit über das produzierte Werk hinaus: Es ist ein Dialog, der auf mehreren Ebenen stattfindet - künstlerisch, intellektuell, aber auch zutiefst menschlich.
Corinne Weidmann: Zwischen Tradition und kosmischen Visionen
Sie erwähnen, dass Ihre Schweizer Wurzeln und die traditionelle Volkskunst einen tiefen Einfluss auf Ihren Stil haben. Wie zeigt sich diese Tradition in Ihren zeitgenössischen Werken?
Die traditionelle Schweizer Kunst hat keinen direkten Einfluss auf meine Bergbilder, aber ich fühlte mich schon immer von floralen und geometrischen Mustern angezogen. Diese Ornamente sind tief in der Schweizer Folklore und der visuellen Kultur der Alpen verwurzelt - man findet sie auf Schränken, Hausfassaden, Küchenbrettern oder als Schnitzereien in Holzgegenständen. Ähnliche Stile gibt es in ganz Europa, insbesondere in Frankreich.
Mein Interesse an dieser Volkskunst wurde durch meine Zusammenarbeit mit indigenen Künstlern und Freunden aus anderen Kulturen erst richtig geweckt. Diese Begegnungen haben mich dazu gebracht, über mein eigenes Erbe nachzudenken. Mir wurde klar, dass die Schweizer Volkskunst zwar keine religiöse oder kosmologische Bedeutung wie andere Traditionen vermittelt, aber dennoch eine eigenständige kulturelle Ausdrucksform darstellt - eine visuelle Sprache, die im Alltag verwurzelt ist.
Seitdem ist meine Neugier auf diese Welt immer weiter gewachsen. Ich befinde mich noch in der Erkundungsphase, aber ich möchte einen Weg finden, diese traditionellen Elemente in einen zeitgenössischen künstlerischen Ansatz zu integrieren - sie durch ein modernes Prisma neu zu interpretieren und gleichzeitig ihre tiefe Verbindung zum Land und zur Tradition zu bewahren.

Befeuert Ihr Interesse an Astrophysik und dem Kosmos auch Ihre Kreativität? Wie integrieren Sie diese Themen in Ihre künstlerische Praxis?
Ja, das nährt zweifellos meine Kreativität. Als ich in England lebte, studierte ich Metaphysik an der University of London. Dabei arbeitete ich unter anderem mit dem Astrophysiker Manuel Calderón de la Barca zusammen. Das öffnete mir die Augen für eine radikal andere Sicht der Welt. Zum Beispiel ist das, was wir als feste Landschaft wahrnehmen, in Wirklichkeit nur eine dynamische Anordnung von Teilchen. Die Festigkeit ist nur eine Illusion, die durch unsere Wahrnehmung geformt wird.
Die Erforschung dieser Konzepte bringt mich dazu, anders zu denken. Sie regen mich dazu an, vertraute Themen - wie Landschaften - aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und die unsichtbaren Schichten der Realität zu hinterfragen, die sich unter der Oberfläche des Sichtbaren entfalten.
Corinne Weidmann: Die Kunst als Mahnung, das Leben als Verpflichtung
Sie sind eine Künstlerin, die sich stark für den Klimaschutz engagiert. Wie trägt Ihre Kunst konkret dazu bei, das Bewusstsein für Umweltfragen zu schärfen?
In Wirklichkeit läuft mein Hauptengagement nicht direkt über meine Kunst. Die Kunst allein kann die Probleme nicht lösen - sie bleibt eine visuelle Interpretation, eine Art, die Schönheit der Landschaft zu feiern. Vielleicht wirkt sie wie eine Erinnerung, ein stiller Alarm angesichts des möglichen Verlusts dieser Schönheit.
Aber über den künstlerischen Ausdruck hinaus ist mein Engagement persönlicher und konkreter. Ich versuche, im Einklang mit meinen ökologischen Überzeugungen zu leben: Ich benutze öffentliche Verkehrsmittel, vermeide Flugreisen und bemühe mich täglich, meine Umweltbelastung zu reduzieren.
Was meine Kunst betrifft, so habe ich noch nicht herausgefunden, wie ich sie in eine Form von Aktivismus einbinden kann, die wirklich Veränderungen bewirken könnte. Vielleicht wirkt sie als dezente Mahnung, aber ich bin mir bewusst, dass sie allein nicht ausreicht, um die Dinge zu ändern.
Wie würden Sie es gerne sehen, dass Ihre Betrachter sich fühlen oder nachdenken, wenn sie vor Ihrem Werk stehen?
Ich weiß nicht, ob es sich wirklich um ein Gefühl handelt, aber was ich oft spüre, ist ein tiefes Gefühl der Zugehörigkeit zur Natur. Eine ruhige, verwurzelte Präsenz - das Gefühl, Teil von etwas zu sein, das größer ist als man selbst.
Wenn ich in der Natur bin, wird mir bewusst, wie sehr sie ein Gefühl der Fülle nährt. Und in diesem Zustand hört man auf, sich nach überflüssigen Dingen zu sehnen. Man wird nicht mehr von Ablenkungen oder Wünschen angezogen, die im Grunde genommen nicht so wichtig sind. Es gibt eine Form von Einfachheit in dieser Verbindung - und eine gewisse Klarheit. Dieses Gefühl versuche ich durch meine Kunst zu vermitteln.
Durch ihre vibrierenden und farbenfrohen Gemälde enthüllt Corinne Weidmann Landschaften, die von Emotionen geprägt sind. Von der Schweiz bis Costa Rica hat ihr interkultureller Hintergrund ihre künstlerische Vision tiefgreifend geprägt. Ihre kreative Suche überschreitet Grenzen und schöpft aus dem Reichtum der Welten, die sie durchquert hat. Ich lade Sie ein, die zeitlose Schönheit der Natur durch die Werke von Corinne Weidmann zu betrachten.
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